Freitag, 15. Februar 2013

Patchwork Family - jenseits der Wirklichkeit

Ich hatte versprochen, die Sat.1-Soap "Patchwork Family" zu besprechen. Während ich zum Nichtstun verdonnert war, hatte ich genügend Zeit, um einen Blick in die Sat.1-Vorabendserie hineinzuwerfen – was im Alltag nicht möglich gewesen wäre. Denn wer kann schon in der Woche um 18 Uhr vorm Fernseher zu sitzen?

Mein Urteil fällt kurz aus: Grottig! Bei dem Format handelt es sich um eine sogenannte "Scripted Reality". Dazu kann ich nur sagen: Scipted schon, reality wohl kaum. Ich zumindest kenne keine Patchworkfamilie, in der es so zugeht. Zickenalarm, zwangsweise gemischte Zimmer, Kinder, die sich gegenseitig nicht ausstehen können (und jeder bringt auch noch vier mit in die Beziehung), 20 Nebenschauplätze... Was hat das schwule Paar, das sich um die Katze streitet, mit der Patchworkfamilie zu tun? Warum muss die Schwester mit ihrer eigenen missratenen Brut auftauchen, weil sie scheinbar einen Wasserrohrbruch zuhause hat? Gab es sonst nicht genügend Geschichten zu erzählen? Und dann noch alles so schlecht gespielt, dass einem "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" wie großes Kino vorkommt.

Hatten die Verantwortlichen Angst, dass eine Familie – bunt zusammengewürfelt und vielleicht noch mit gemeinsamen Nachwuchs – nicht genügend Geschichten in sich birgt? Hätten sich die Macher die Mühe gemacht, mal eine echte Patchworkfamilie zu besuchen (und nicht in ihren Augen fernsehtaugliche Extremformate zu erfinden), dann hätten sie höchstwahrscheinlich komplett andere Situationen vorgefunden. Die, zugegebenermaßen, nicht ganz so spektakulär und telegen sind. Aber dennoch für viel Augenzwinkern und Spaß sorgen können, wenn man sie gut erzählt.

Sicherlich gibt es immer wieder die unschöne Situation, in der es um "deine Kinder, meine Kinder" geht. Und so manch ein Stiefelternteil muss sich im Alltag anhören, dass es dem Kind nichts zu sagen hätte, da er/sie nicht der Vater bzw. die Mutter wären. Aber in der Regel verläuft der Alltag unauffällig. Und unterscheidet sich nicht so gravierend von dem „normaler“ Familien. Viel größer ist die Gefahr, dass die Kinder sich zwischen Elternteil und neuen Partner stellen. Und das klammheimlich, schleichend und leise. Und manchmal gelingt es ihnen dabei, einen Keil in die Beziehung zu treiben.

Das habe ich tatsächlich schon im Freundeskreis erlebt. Es war sehr traurig, als die Beziehung zerbrach. Und diente mir als warnendes Beispiel, als ich selber das AbenteuerPatchworkfamilie wagte. Denn dass ist es jeden Tag wieder: Ein großes Abenteuer. Das es lohnt, erlebt und gelebt zu werden. Zumindest bei uns.

Kinderwünsche

Singend kommt der dreijährige Johann die Treppe herunter. Sein Vater steht in der Küche und bereitet das Mittagessen vor.

"Na Johann, was möchtest du?"
"Auto spielen."
"Dahinten ist dein Auto." Der Vater zeigt auf den kleinen silbernen Flitzer, den man durch Hin- und Herrollen aufziehen kann und der dann wirklich verdammt schnell durchs Zimmer saust.
"Nein", schüttelt Johann seinen Kopf und guckt seinen Vater mit großen Augen an. "Auf iPod". 

Nach seinem Geburtstagswunsch gefragt, antwortet er übrigens auch iPod - da steht er seinem großen Bruder Felix in nichts nach. Allerdings wird dieser bereits zwölf, womit so ein Ding zumindest in greifbare Nähre rückt. Wenn man aber von Johann wissen möchte, was er denn mit einem iPod will, dann bekommt man - neben Autospielen - ebenso häufig "So in die Tasche stecken" zur Antwort. Dabei demonstriert er umständlich, wie er ihn in seiner Latzhose verstauen will.

Ganz unschuldig sind wir an diesem Wunsch nicht. Schließlich sind wir nicht eingeschritten, als Paul im Sommerurlaub immer wieder seinen Bruder ruhigstellte, indem er ihm das mobile Endgerät zur Verfügung stellte. Wir haben uns längst damit abgefunden, dass die Kinder mit Handys, Computern und eben iPods hantieren, wie wir das im selben Alter noch mit Schere, Buntpapier und Kleber taten. Die Zeiten ändern sich eben; vor 20 Jahren hätte ich auch nie gedacht, dass ich eines Tages nicht mehr ohne Computer im Leben auskommen würde. Und mich ohne Handy im Alltag von der Umwelt abgeschnitten fühle.

Aber im zarten Alter von drei Jahren sind in unserer Familie sämtliche elektronischen Geräte noch auf Jahre hinaus tabu. Also bleibt dieser Wunsch weiterhin unerfüllt. Und so muss weiterhin der Tacho von Paul als Ersatz herhalten. Zwar ändert sich leider das Bild nicht, egal wie sehr man darauf rumwischt. Aber zum In-die-Tasche-stecken reicht er allemal.