Dass sich bei einem Pubertanten die Synapsen lösen, ist hinlänglich bekannt. Aber dass sich vorübergehend auch die Knochen aufzulösen scheinen, war ein mir bisher unbekanntes Phänomen.
Ein neues Wesen schien in den letzten Monaten bei uns eingezogen zu sein. Bei Paul war dieser Zustand in letzter Zeit in einem geradezu beängstigendem Maße fortgeschritten. Er hatte in etwa die Spannkraft eines Marshmallows. Seine Lehrerein sprach mich bereits an, dass sie manchmal ehrlich Angst habe, dass Paul im Unterricht vom Stuhl fallen würde. So wie neulich, als seine Klasse sich in der Lehrerkonferenz vorstellen musste. Paul saß scheinbar so tiefenentspannt mit seiner Trompete auf dem Schoß auf einer (lehnenlosen) Bank, dass er ständig hintenüber zu kippen drohte. Glücklicherweise kam es dann doch nicht dazu.
Nun feierten wir kürzlich Konfirmation. Mich plagten im Vorfeld Bedenken, wie mein Sohn wohl zum Altar kommen würde, ohne vorher komplett in sich zusammenzusacken. Aber siehe da: Meine Sorgen waren völlig grundlos. Paul schritt aufrecht durch die Kirche, saß anderthalb Stunden kerzengerade (dass das seine Rückenmuskeln überhaupt mitgemacht haben) und machte rundum eine gute Figur. Ich glaube beinahe, das Marshmallow hat ausgedient. Nun hege ich die Hoffnung, dass auch ansonsten wieder ein wenig mehr Drive in das Zimmer unterm Dach einzieht ...
Dienstag, 30. April 2013
Mittwoch, 10. April 2013
Wertvolle Erziehungsarbeit
Würde ich nach
Worten bezahlt, ich hätte ausgesorgt. Dann müsste ich neben der
Erziehungsarbeit keiner anderen Erwerbstätigkeit mehr nachgehen. Meine Kinder
würden dafür sorgen, dass Urlaube, Winterjacken, Schuhe und Jahrmarktsbesuche
bezahlt wären.
Das System funktioniert ganz einfach. Nehmen wir zum
Beispiel unser Gartentor. Mit Hund und kleinem Kind sollte es eigentlich
geschlossen sein. Eigentlich. Aber da liegt das Problem – in der Praxis klappt das
selten. Dabei finde ich die Ansage: „Schließt bitte das Gartentor, wenn ihr zur
Schule fahrt oder wieder nach Hause kommt“ nicht wirklich missverständlich.
Oder gar zu komplex. Und auch nicht wirklich zeitaufwendig… Mit der Umsetzung
hapert es dennoch. Schule ist übrigens beliebig durch Sport, Freunde, Stadt,
Musikunterricht etc. zu ersetzen.
Zurück zum System: Die ersten drei Aufforderungen sind
umsonst. Danach würde sich der Preis nach einem gestaffelten System erhöhen. Sagen
wir Aufforderung vier und fünf kosten 10 Cent, sechs und sieben 15 Cent, acht
bis zehn 20 Cent. Klingt vielleicht auf Anhieb nicht viel, aber die Masse macht’s.
Zumindest bei uns.
Ein angenehmer Nebeneffekt wäre, dass ich mich nicht mehr
ärgern müsste. Vielmehr könnte ich mich in Ruhe auf dem Sofa zurücklehnen und
meinen Tee schlürfen, damit mein vom Reden fusseliger und trockener Mund wieder
benetzt würde. Und mit jeder Aufforderung würde ich mich freuen, dass es wieder
in der Kasse klingelt.
Gutes System. Ich sollte ernsthaft über dessen Einführung
nachdenken…
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Donnerstag, 4. April 2013
Aufstand der Pubertanten
Eigentlich pflegen
wir in unserer Familie eine Gesprächskultur. Das heißt, alles kann angesprochen
und diskutiert werden. Im Idealfall auch ausdiskutiert. Jedes Argument zählt. Wobei „Totschlagargumente“ („Alle in meiner
Klasse dürfen das“) für mich nicht in die Kategorie Argumente fallen. Und –
ehrlicherweise – im Ernstfall das Elternwort ein größeres Gewicht besitzt.
Aber wir nehmen unsere Kinder ernst. Und sie können uns oft
überzeugen. Dafür erwarten wir aber auch, dass sich an Abmachungen gehalten
wird – selbst wenn die nicht gefallen. Was meist klappt. Aber eben leider nur
meist.
Letztens verbrachte Paul (14) gemeinsam mit seinem Bruder
zwei Wochen beim Vater. Und irgendwie muss ihm da unsere Familienregel
entfallen sein. So zog es ihn doch in ein Elektronikgeschäft und er erstand
einen WLAN-Verstärker. Um den er seit Monaten zuhause kämpfte. Doch leider
immer wieder ein striktes „Nein“ hörte. Alle seine Argumente konnten uns nicht
erweichen. Wenn er fernsehen will, soll er es vor der Glotze tun. Und nicht unkontrolliert
in seinem Zimmer im Bett auf dem iPod.
Zuhause eingetroffen musste es ihm irgendwie schwanen, dass
der Kauf nicht seine beste Idee war. Zumindest wurde der Verstärker uns nicht
stolz präsentiert, wie alle anderen Errungenschaften. Sondern vielmehr heimlich
installiert. Irgendwie war es nur eine Frage der Zeit, dass uns die Antennen
auffielen. Denn auch wenn wir keine Zimmerkontrollen durchführen, so versuchen
wir doch, der „Versumpfung“ der Kinderetage entgegenzuwirken und sorgen ab und
zu für eine Grundordnung. Wobei eben besagte Antenne auffiel.
Zuhause war jedenfalls erst mal der Teufel los. Hätte Paul das
Ding in unserer Stadt gekauft, ich wäre in den Laden marschiert und hätte den WLAN-Verstärker
dem Verkäufer auf den Tisch geknallt. So wanderte er vorerst in die Schublade. Und
Paul arbeitet daran, wieder unser bedingungsloses Vertrauen zu gewinnen …
Was glauben Kinder eigentlich? Dass wir auf Bäumen schlafen?
Oder selber nie jung waren und uns gegen unsere Eltern auflehnten? Dass man
sich selber manchmal blöd vorkommt, wenn man streng sein muss, passt
wahrscheinlich nicht unbedingt in ihre Vorstellungwelt. Aber wir meist unsere
Gründe haben.
Übrigens: Sollte im obersten Stockwerk regelmäßig das
Internet zum Arbeiten genutzt werden (jenseits vom Betrachten von
YouTube-Videos), dann können wir erneut über die Nutzung diskutieren –
höchstwahrscheinlich mit einem für Paul befriedigenderen Ausgang.
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