Samstag, 20. Oktober 2012

Bye, bye, Design

Als Studentin, auf Apfelsinenkisten hausend, träumt man vom Loft. Groß, weitläufig, sparsam möbliert soll es sein. Aber das vom edelsten. Zumindest mir ging es so. Und einem Dutzend meiner Freundinnen ebenso.

Doch der erste Job gab finanziell dann doch nicht so viel her. Wenigstens zu einer Drei-Zimmer-Altbauwohnung mit hohen Stuckdecken reichte es. Und das Sofa von Ikea sah auch nicht schlecht aus. Man versuchte wenigstens ansatzweise an die Bilder aus Zeitschriften wie „Schöner Wohnen“ oder „Archtitectures Didgest“ heranzukommen.

Mit dem ersten Kind kam die Erkenntnis, dass leider auch diese Taktik gnadenlos durchkreuzt wurde. Irgendwie passte nichts wirklich zusammen. Das Kinderzimmer sah eher zusammengewürfelt als bewusst geplant aus. Doch dann folgte die Erkenntnis, dass das gar nicht so schlimm war. Denn das durchgestylteste Arrangement wird durch eine einzige über der Sofalehne liegende Spuckwindel gnadenlos zerstört. Schleichend folgen bunte Decken, quietschiges Spielzeug und Tonnen an Bilderbüchern. Auch wer sie jeden Abend gandenlos wieder in großen Körben oder Kisten mit Deckeln verbannt, kann sich nur wenige Stunden der Illusion der Perfektion hingeben. Spätestens am nächsten Morgen quillt all das Chaos wieder aus jeder Ecke hervor und erobert die gesamte Wohnung. Spätestens dann ist der Moment gekommen, in dem man sich mit großem Bedauern vom perfektem Designhaus verabschiedet. Edle Wohnzeitschriften nimmt man immer seltener zur Hand. Die Frustrationsrate ist einfach zu hoch.

Darum gehört der Ikea-Katalog auch zu den erfolgreichsten Publikationen Deutschlands: Hier finden wir uns wieder. Und bekommen keine Frustattacken, weil wir erst Stapel von Zeitungen und Bilderbücher vom Sofa räumen müsen, bevor wir seufzend in die Polster sinken.