Mich
irgendwie. Weil mich diese Momente aus unserem Familienleben mehr berühren, als
das Weltgeschehen rundherum. Obwohl ich besonders auf das Kapitel Gerichtsprozesse durchaus verzichten könnte. Aber mein Exmann scheinbar nicht. Und so habe ich
meiner wunderbaren Anwältin mal wieder den nächsten Sommerurlaub finanziert.
Alles zum Wohl der Kinder. Die sehen ihren Vater jetzt noch seltener. Es sei
denn, er bequemt sich mal in die norddeutsche Provinz. Um zu sehen, wie seine
Söhne eigentlich leben. Und was für Freunde beziehungsweise Freundinnen sie haben.
Apropos
Freundin. Am Wochenende steht eine Weihnachtsplätzchenbackorgie bei uns an
(ging nicht früher, da ich bekanntlich in der einen Stadt lebe und in der
anderen arbeite). Und zu eben diesem adventlichen Backnachmittag kommt Pauls
Freundin. Ich bin gespannt. Zwar kenne ich sie seit der ersten Klasse und habe sie
auf diversen Sommerfesten, Weihnachtsbasaren, Schulausflügen sowie
Theateraufführungen erlebt. Aber eben wie man so die Schulfreunde der Kinder
erlebt. Ich weiß also, wie sie aussieht und heißt. Doch Paul ist bereits seit
fünf Wochen schwer verliebt – eine kleine Ewigkeit im zarten Alter von 14
Jahren.
Meine
sporadische Anwesenheit zuhause habe ich besagtem neuen Job zu verdanken. Der
ist zwar klasse, aber eben in einer anderen Stadt. Was dazu führt, dass ich durch
häufige Abwesenheit glänze. Und Kontakt mit meiner Familie in erster Linie
übers Telefon halte. Dieses „Doppelleben“ ist oft toll. Spannend.
Abwechslungsreich. Und manchmal nur noch anstrengend. Frustrierend. Und
einsam.
Auch die
wichtigen Momente im Leben erlebt man dann manchmal eben nur aus der Ferne.
Nach reiflicher Überlegung hatten wir uns entschlossen, im Frühjahr Johann endlich die Polypen rausnehmen zu
lassen. Denn sein Sprachvermögen war nicht nur schlecht, sondern vielmehr nicht
existent. Um die Belastung der Narkose so gering wie möglich zu halten,
warteten wir also seinen zweiten Geburtstag ab, bevor er nach zahlreichen
Voruntersuchungen operiert wurde. Alles verlief prima; die Narkose war schnell
abgebaut, nachmittags turnte er schon wieder durch den Garten. Zwei Wochen
später klagte er über Bauchschmerzen. Der Weg führte vom Kinderarzt direkt
wieder in den OP. Und zwar schnellstmöglich. Eine Stunde später lag er unter
dem Messer – diesmal blieb keine Zeit für aufwendige Voruntersuchungen. Oder punktgenaue
Narkosen. Ich verfolgte das Ganze nur durch die fernmündlichen Berichte meines
Mannes. Da blutete mir wirklich das Mutterherz.
Auch Felix
hielt uns im letzten Jahr auf Trab. Seine Intelligenz ist und bleibt
eine besondere Herausforderung für uns. In jeglicher Hinsicht. Seine leise
anklingende Pubertät macht es nicht einfacher. Vielmehr verwandelt sein Zimmer sich in einen undurchdringlichen Sumpf. Und was das Chillen betrifft, versucht er seinen großen Bruder noch zu toppen. Wie es mit dem Instrument im nächsten Jahr weitergeht, bleibt
abzuwarten.
Aber jetzt
freue ich mich erst mal auf ein paar Weihnachtstage. In der Hoffnung, dass
diese ruhig und friedlich verlaufen. Und freue mich, dass wir am 1. Weihnachtstag
die große Runde um unsere lange Tafel versammeln. Ich, allein unter sechs Jungs.
Naja, fast. Glücklicherweise bringt der Große seine Freundin mit…